DER RÖMERHOF IN GARCHING

 

Zum Tag des offenen Denkmals am 13. September 2020
unter dem Motto
„Chance Denkmal: Erinnern. Erhalten. Neu denken.“

 

Von Dr. Michael Müller, Heimatpfleger

 

Geschichte.
1231/1234: Im ersten Urbar der Herzöge von Bayern sind drei große Güter genannt: „Der Hof“, die Mühle und die Taverne, daneben zehn kleinere Anwesen; alle schulden dem Herzog bestimmte Abgaben. „Der Hof“ gibt festgelegte Mengen Weizen, Roggen, Hafer, 50 Käse und zwei Lämmer, die an das herzogliche Kastenamt Kranzberg gehen.
Möglicherweise diente das Anwesen schon dem Kloster Tegernsee um 900 als Meierhof (Sitz des grundherrlichen Verwalters).
Abb. Chronik 2015 S. 34

1500 Statistisch-topographische Beschreibung des herzoglichen Landgerichts Kranzberg: Garching hat jetzt 49 Anwesen, von denen etwa die Hälfte dem Kastenamt Kranzberg Abgaben schulden, darunter wieder „der Hof“. Ein ganzer Hof war zwischen 90 und 180 Tagwerk groß. 21 Anwesen sind nur kleine Sölden ohne Abgabenpflicht.

1671 „Kataster“: Jakob und Michael Riedtmayr erscheinen als Inhaber von Hofstätten; Jakob hat einen halben Hof von der Kirche Garching in „Freistift“, Michael hat einen ganzen Hof, der zur Hälfte der Kirche Garching, zur Hälfte dem Kastenamt Kranzberg gehört. Tiere: 5 Pferde, 11 Kühe, 3 Kälber, 2 Schl…?, 1 Fohlen, 5 Jungrinder, 5 Schafe, 3 Bre…? „Der Hof“ hat nun den Hausnamen „Riedmayr“, umgangssprachlich zu „Riemer“ verkürzt.

1752 „Güterkonskription“ und 1760 „Hofanlagebücher“: Garching hat 46 Anwesen. Es gibt drei ganze Höfe: Riedmayr, Taverne und Mühle.

1808 „Häuser- und Rustical Steuer-Cataster“ (StAM Kataster 11901): Haus Nr. 4 Beym Riedmayr, Besitzer Sebastian Kiechelmair.
Abb. Katasterplan von 1809 und 1858.

1812 (StAM Kataster 11902): Haus Nr. 4 Riedmair, Besitzer Silvester Kielmair, 338 Tagwerk, drittgrößter Grundbesitzer nach Posthalter und Mühle. Gehört halb zur Kirche Garching (Pfenniggilt 5 Kreuzer 6 Pfennig; Getreide im Wert von 5 Gulden 20 Kreuzer), halb zum königlichen Rentamt (Scharwerkgeld 5 Gulden, Jagd 1 Gulden, Brodbauerngeld 1 Gulden).

1812 (StAM Kataster 11904): Haus Nr. 4 Riedermair, Besitzer Silvester Kielmair, 337,41 Tagwerk.

(1815 (StAM Kataster 11903, Bl. 12): Besitzstand 29 Tagwerk ?)
Besitzänderungen (StAM Kataster 11902, S. 12-17):

1818 Januar 8 Witwe Margaretha Küchelmayr übergibt an ihre Tochter Ursula und deren angehenden Ehemann Bartlmee Scharl um 1470 Gulden.

1833 (StAM Kataster 11906): Haus Nr. 4 kein Eintrag.

1855 März 17 Witwe Ursula Scharl übergibt an Sohn Bartholomäus Scharl und Katharina Spitzweg, Bauerstochter von Unterföhring, als dessen angehendes Eheweib.

1862/1864 (StAM Kataster 11914) Erste Arrondierung (Flurbereinigung), Grundstückstausch, Kauf und Verkauf. Haus Nr. 4 Beschreibung des Anwesens: Wohnhaus mit gewölbtem Keller, Stallung, Heutenne, Kellerhaus mit Keller, Stadl mit Wagenschupfe, Getraidkasten, neuer Stadl mit Wagenremiß, Backhäusl, Brennhaus, Torfhütte, Holzhütte, Brunnen, Hofraum, Grasgarten mit Brunnen und Würzgärtl.
Besitzer Bartholomäus Scharl: Ehe- und Erbvertrag mit Katharina Scharl 3.11.1863, Muttergutsvertrag 12.9.1873, Ehefrau Katharina stirbt 1873. Ehe- und Erbvertrag mit Therese Scharl 31.3.1874 (Hälftewert 14.000 Gulden). Baumaßnahmen 1883-1884: Abbruch und Neubau des Wohnhauses, Neubau und Erweiterung der Ökonomiegebäude (Anbau an die Stadl und Umbau des alten Brennhauses in Achsenstellung), Neubau der Dampfbrennerei mit Kamin. Eine gebrauchte Brennereianlage wird in Feldmoching gekauft. 1890 Neubau eines Spiritusreservoirs.

1891 Abbruch des Wohnhauses mit Stallung und sofortiger Wiederaufbau.

1901 (StAM Kataster 11918): Haus Nr. 40 Riedmaieranwesen, Besitzer Bartholomäus Scharl und Ehefrau Therese mit Kindern.

1902 (StAM Kataster 11919): Bartholomäus Scharl stirbt. Sohn Johann Scharl und Ehefrau Therese geb. Kellerer werden 1904 Alleineigentümer und erwerben 1912 ein Anwesen in Wolfratshausen. Neue Eigentümer sind:

1912 Landwirtschaftliche Zentralgenossenschaft des Bayer. Bauernvereins für Ein- und Verkauf Regensburg; Verwalter ist anfangs Paul Will, geb. 1881 in Arnstein/Oberfranken.

1917 Bürgerbräu Regensburg Hahn und Braun OHG für 400.000 Mark.

1917 Oktober 17 Gustav Einstein, Kaufmann und Gutsbesitzer in Augsburg mit einem Gut in Unterbaar bei Augsburg mit 300 Tagwerk Wald.

1918 August 3 René Kyritz, Kaufmann in Frankfurt/Main, für 565.000 Mark.

1920 Oktober 19 Erich Steiner, Hauptmann und Gutsbesitzer in Garching, für 684.765 Mark.

1920 Dezember 2 Bayerische Landessiedlung München GmbH, Direktor Schmidt, für 1.473.000 Mark. Verwalter bis 1945 wird Josef Amon, Gutsinspektor aus Stalldorf/Franken.

1922 Oktober 31 Karl Heynemann, Generalkonsul von Rumänien, für 3.450.000 Mark. Heynemann war vorher in Weghausen/Niederbayern. Er nennt das Anwesen „Römerhof“.

1930 Juli 1 Maria Christine Hüdepohl, Tochter Heynemanns, zu 2/3, mit ihrer Schwester Elsa Arendt, Direktorsfrau in Frankfurt, zu 1/3. Maria Christina Hüdepohl ist Ehefrau von Dr. Ernst Hüdepohl. Er ist Bürgermeister von Garching 1938-1945, sie ist Führerin der NS-Frauenschaft in Garching. Ernst Hüdepohl erschießt sich am 30. April 1945 beim Einmarsch der US-Army selbst, nachdem er seine Schwiegermutter erschossen und seine Ehefrau durch Schüsse verletzt hat. 1948 wird Maria Christine Hüdepohl Alleineigentümerin. Tochter Maja heiratet … Heß, der 1945 als Gutsverwalter in den Römerhof kommt.

1960 Verkauf von 200 ha des Gutes an die Bundeswehr. In den 1960er Jahren verschiedene Baumaßnahmen am Hof.

1971 Gemeinde Garching kauft die Gebäude und baut sie teilweise um:

1972/73 Kindergarten im Wohnhaus, dazu Räume für Sozialeinrichtungen.

Ab 1984 im ehemaligen Kuhstall Einbau von Probentheater, Tanzsaal für Heimatverein und Tanzstudio, Tierarztpraxis, Werkstätten für Bauhof. Brennerei wird Heizzentrale. Neubau des Bauhofes.

1994 Musikschule wird eingeweiht als Neubau anstelle einer ehemaligen Scheune. Pläne für einen Konzertsaal im Südflügel werden nicht ausgeführt.
Abb. Musikschule, Bauhof, Kindergarten, Südflügel.