Hochbrück 4. Teil: 1933-1945

 

Nach dem Ende der Zündholzfabrik standen die Gebäude der ehemaligen „Munitionsanstalt Schleißheim“ südlich des Kanals und östlich der Ingolstädter Landstraße leer. 1933 zog der „Reichsarbeitsdienst Abteilung 2/301 Oberst List“ ein. Auch Franz-Joseph Strauß leistete dort seine Arbeitsdienstpflicht ab. Es gibt zahlreiche Postkarten mit Bildern von damals, welche die Arbeitsdienstleute nach Hause schickten. In dem Areal ganz im Süden, das der Bereitschaftspolizei gehörte, war weiter Sprengstoff gelagert, denn in einem Polizeibericht vom 26.11.1940 heißt es, „daß das Munitionsdepot in Hochbrück bei Garching aus bisher unbekannten Gründen in die Luft geflogen ist.“
1933 schenkte die Dynamit Nobel dem Reichsführer SS Heinrich Himmler persönlich ihr Grundstück nördlich des Kanals; man mag sich denken, dass die Firma sich damit dem neuen Regime mit seinen Aufrüstungsplänen andiente. Himmler wohnte privat in Oberschleißheim. Die SS errichtete in den Baracken, die über den Bunkern zur Tarnung gebaut worden waren, eine SS-Berufsschule. 1936/37 waren dort österreichische SA-Männer einquartiert, die nach dem „Anschluss“ Österreichs im März 1938 heimkehrten. Als „Schulhaus“ wurde zentral im Osten ein zweigeschossiges Steinhaus gebaut, das nach 1945 den Flüchtlingen weiter als Schulhaus, Kirche und Versammlungshaus diente. 1937 musste die schon betagte und kranke Besitzerin des Bruckenpeterhofs, Portuni, ihr Anwesen an der Ingolstädter Straße im Eilverfahren an die SS verkaufen. Das Wohnhaus baute ein Architekt aus der Gruppe der österreichischen SA-Leute im Alpenstil mit viel Holz und Balkonen um, so wie es heute noch steht. Die SS richtete darin ihre Kommandantur ein. Nach 1945 war das Haus als „Pension Lankes“ bekannt. In der Berufsschule wurden verwundete SS-Leute für Zivilberufe umgeschult. Angeblich wurden auch Männer für die „Ostsiedlung“ geschult (so Geisel). Auch von dem SS-Lager gibt es Postkarten in der Sammlung des Fördervereins Garchinger Geschichte.
Im Bunker unter einer Baracke wurden KZ-Häftlinge aus Dachau untergebracht, welche die Arbeit im Lager machten und die im Garchinger Bereich z.B. beim Unterhalt der Feldbahn arbeiten mussten, die den Klärschlamm auf die Felder westlich der Autobahn transportierte. Anfangs bauten Häftlinge auf den Portuni-Feldern Heilkräuter an; später wurde diese Einrichtung direkt neben dem Hauptlager in Dachau betrieben, „Plantage“ genannt. Über das Leben und die Behandlung der Häftlinge berichten Akten aus Prozessen, die nach 1945 gegen SS-Lagerkommandanten geführt wurden; darin wird erfreulicherweise nicht von gewaltsamen Todesfällen berichtet.
Nördlich des Feldweges nach Garching, der heutigen B 471, stand seit 1939 das Quetschwerk Strebl einsam auf freiem Feld; es lieferte Kies für den Autobahnbau.
Kurz vor Kriegsende, im April 1945, als die Amerikaner von Norden auf der Ingolstädter Landstraße näher rückten, verlangte die SS, dass Panzersperren errichtet und Schützengräben ausgehoben wurden. Die Panzersperre am Schleißheimer Kanal mussten Jugendliche mit Panzerfäusten verteidigen und verloren dabei ihr Leben, wie der Garchinger Otto Fellenz erzählte. In Garching, wo die Amerikaner von Freising vorrückten, kam es zu heftigen Kämpfen und Panzerbeschuss mit Todesopfern und Zerstörungen.

(Zahlreiche Dokumente im Bayerischen Hauptstaatsarchiv und in der Abt. Kriegsarchiv; Odward Geisel, Garching bei München, Stuttgart 2002, S. 58-70; auf S. 73 ein Luftbild von 1952; Postkarten in der Sammlung des Fördervereins Garchinger Geschichte).

Veröffentlicht in den Garchinger Nachrichten vom 11.01.2013